Eines der gravierendsten Probleme, mit denen Seeleute heute zu kämpfen haben, ist Kriminalisierung. Bei Unfällen auf See oder Verstößen gegen Umweltgesetze werden Seeleute häufig verhaftet und des Zugangs zu allen normalen Regeln des Fairplay und der Gerechtigkeit beraubt, mit denen sie sich vor strafrechtlichen Klagen schützen könnten.
Kriminalisierung hat auch negative Konsequenzen für die Schifffahrtsbranche, da die betroffenen Seeleute aus Angst vor ungerechtfertigten Anklagen gegen ihre eigene Person nur ungern an der Untersuchung von Unfällen mitwirken. Dies ist ein weltweites Problem, das in Augen der ITF und führender Reedereivertreter/innen dringender Abhilfe bedarf.
Angesichts der anhaltenden Vernachlässigung der Interessen der Seeleute haben die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) und die Internationale Arbeitsorganisation (IAO) am 1. Juli 2006 die Leitlinien für die faire Behandlung von Seeleuten im Falle eines Unfalls auf hoher See verabschiedet. Leider halten viele Länder diese Leitlinien nicht ein, sodass die ITF ihre stärkere Verbreitung und Umsetzung fordert.
Wenn Behörden in Fällen, die großen medialen Wirbel erzeugen, ihre Handlungsfähigkeit beweisen wollen, dienen Schiffsbesatzungen häufig als bequeme Sündenböcke. Seeleute haben das Recht, ihrer Arbeit ohne Angst vor ungerechter Behandlung, oder – schlimmer noch – vor einer Verhaftung ohne Zugang zu Rechtsmitteln und gerechter Vertretung nachzugehen.
Aus diesem Grund hat die ITF ein Toolkit produziert, das den ihr angeschlossenen Gewerkschaften helfen soll, die Einhaltung der Leitlinien für die faire Behandlung von Seeleuten bei ihren nationalen Behörden durchzusetzen. Das Toolkit enthält u. a. Informationen über den Kodex für internationale Normen und empfohlene Praktiken für die Untersuchung von Unfällen und Vorkommnissen auf See (Code for International Standards and Recommended Practices for a Safety Investigation into a Marine Casualty or Marine Incident), der konkrete Schutzklauseln für Seeleute festlegt, wenn von ihnen Beweise verlangt werden.
Der vollständige Wortlaut des IMO-Kodex für die Untersuchung von Unfällen sowie der IMO/IAO-Leitlinien für die faire Behandlung von Seeleuten sind in der englischsprachigen Version des Toolkits enthalten.
Bei der IMO sind darüber hinaus bestimmte IMO-Dokumente in weiteren Sprachen erhältlich.