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ITF fordert sichere Flughäfen für Passagiere und Beschäftigte

NACHRICHTEN 20 May 2020

Die Covid-19-Pandemie hat die Probleme, mit denen Flughafenbeschäftigte heute konfrontiert sind, wie Fragmentierung der Branche, Vertragsvergaben und die Auslagerung von Tätigkeiten an prekär Beschäftigte, verschärft, aber nicht erzeugt. Infolge der Krise haben viele Beschäftigte ihre Existenzgrundlagen verloren und erhalten keine Entlassungsentschädigung, ganz gleich, wie lange sie schon am Flughafen ihren Dienst getan haben.

Die derzeitigen Geschäfts- und Beschäftigungsmodelle an Flughäfen sind nicht mehr zweckmäßig, weder für die Beschäftigten, noch für die Passagiere.

Die Untervergabe von Dienstleistungen behindert die notwendige Umsetzung und Beurteilung von Arbeitsschutzmaßnahmen in dem Maße, wie es während und beim Ausklingen der Krise notwendig wäre. Vor Antritt ihres Flugs müssen Passagiere innerhalb von Flughäfen nach wie vor mehrere Punkte passieren, an denen sie mit anderen Menschen in Kontakt kommen, von Check-in-Schaltern über die Sicherheitsüberprüfung bis zum Boarding. Beschäftigte wie Passagiere müssen sich darauf verlassen können, dass alle Dienste, auch Subunternehmen, angemessene Sicherheitsvorkehrungen treffen.   

Um das Vertrauen der Passagiere und des Marktes zurückzugewinnen, ist eine globale, koordinierte Gesundheits- und Sicherheitsstrategie für den Umgang mit Covid-19 an Flughäfen erforderlich, die standardisierte Maßnahmen vorsieht und für deren Umsetzung ausreichende Ressourcen bereitgestellt werden. Beschäftigte und ihre Gewerkschaften sind am besten dafür positioniert, Gesundheits- und Sicherheitsnormen zu überwachen und durchzusetzen. Daher müssen Anstrengungen im Mittelpunkt stehen, ein standardisiertes und dreigliedriges, für alle Flughafenbereiche geltendes Gesundheits- und Sicherheitssystem einzuführen.

Luftverkehr und Flughäfen müssen als öffentliches Gut mit grundlegender Bedeutung für wirtschaftliche Entwicklung, Handel, Mobilität und Gesellschaft anerkannt werden. Dies erfordert eine wirksame staatliche Regulierung sowie solide Aufsicht, Planung, Investitionen und gegebenenfalls öffentliche Eigentumsstrukturen. Die teilweise bzw. in manchen Fällen vollständige Abkehr von der Beteiligung des Privatsektors am Management und der Finanzierung von Flughäfen könnte den Regierungen wieder die Kontrolle über Sicherheit und Gefahrenabwehr im Luftverkehr zurückgeben, für die sie die oberste Verantwortung tragen. 

Flughäfen verbinden regionale, nationale und internationale Märkte und sind entscheidend für die wirtschaftliche Entwicklung.  Die Covid-19-Pandemie wird voraussichtlich tiefgreifendere Auswirkungen auf die Finanzlage kleinerer Flughäfen haben. Der wirtschaftliche Schaden für kleinere Flughäfen wird unvermeidlich abgelegene und bedürftige Gemeinden treffen, die auf solche Flughäfen nicht nur für ihre wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch für lebenswichtige Dienste wie Ambulanzflüge angewiesen sind. Alle Investitionen, die zu ihrem Schutz und zur Sicherung ihrer Zukunft als wichtige regionale Drehkreuze erforderlich sind, müssen an die Gewährleistung guter Arbeitsplätze und stabiler Beschäftigungsbedingungen geknüpft sein.

Diese Herausforderung ist nur zu meistern, wenn die Regierungen in enger Zusammenarbeit mit Arbeitgebern und Gewerkschaften die Zügel in die Hand nehmen. Die ITF ruft die Regierungen, Flughafenbehörden und Arbeitgeber auf, mit den Gewerkschaften über die folgenden Punkte zu verhandeln:

Schutz der Gesundheit und Sicherheit von Flughafenbeschäftigten und Passagieren

1. Wahrnehmung der obersten Verantwortung der Arbeitgeber für die Gesundheit, Sicherheit und das Wohlbefinden aller Beschäftigten in ihren Betrieben und Lieferketten und Anerkennung von Covid-19 als Berufskrankheit;

2. Bereitstellung geeigneter und geschlechtsspezifischer Schutzausrüstung für Beschäftigte und Passagiere, angemessener Schutz der Beschäftigten vor einer Infektion, insbesondere bei Tätigkeiten mit direktem Kundenkontakt; Verpflichtung zum Tragen von Atemschutzmasken für alle Personen, die einen Flughafen betreten;

3. Zugang zu kostenloser Gesundheitsversorgung und medizinischen Tests, Behandlung, Schulung sowie Schulungsmaterialien und -einrichtungen für alle Beschäftigten;

4. Bezahlte Freistellung von der Arbeit in Form von Kranken- oder Urlaubsgeld ab dem ersten Tag der Freistellung für alle Beschäftigten, die durch Covid-19 bedroht oder infiziert sind, und für alle Beschäftigten mit Betreuungspflichten;

Schutz der Rechte der Arbeitnehmer*innen zur Gewährleistung der Sicherheit der Passagiere

5. Durchsetzung der IAO-Übereinkommen über Vereinigungsfreiheit, Kollektivverhandlungen, Zwangsarbeit, Diskriminierung sowie Arbeitsschutz für alle Beschäftigten; Schutz von Gewerkschaftsrechten und Berücksichtigung von Aspekten wie Geschlecht, Einwanderungsstatus und LGBT+;

6. Identifizierung von Gefahren und neuen Belastungen für die Gesundheit, die Rechte und das Wohlergehen der Beschäftigten und Entwicklung und Umsetzung von betrieblichen Strategien, einschließlich standardisierter Social-Distancing-Protokolle;

7. Gewährleistung geeigneter und sicherer Instrumente für Beschäftigte zur Meldung von Risiken am Arbeitsplatz und Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Belegschaftsmitglieder ohne drohende Sanktionen oder Entlassung;

8. Achtung des Rechts, sich einer Arbeitssituation zu entziehen, bei der eine unmittelbare und schwere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des*der Beschäftigten selbst oder seiner*ihrer Familie besteht, ohne Angst vor Sanktionen;

Schutz von Bezahlung, Beschäftigungsbedingungen und Arbeitsplätzen

9. Beseitigung prekärer und atypischer Beschäftigungsverhältnisse in Flughäfen und Lieferketten zum Schutz der Gesundheit, Sicherheit und des Wohlergehens von Beschäftigten und Passagieren und Vereinbarung eines Entlassungsmoratoriums;

10. Verbesserung von Dienstplänen und Arbeitszeiten zum Schutz der Arbeitsplätze und der Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten sowie im Hinblick auf die Berücksichtigung von Betreuungspflichten;

11. Beurteilung bestehender Arbeitspraktiken im Dialog mit Gewerkschaften und deren Anpassung, wenn dies für die Minimierung des Kontakts von Beschäftigten mit Passagieren notwendig ist;

12. Anerkennung und Vergütung der wichtigen Rolle von Flughafenbeschäftigten und verbesserte Entschädigungsleistungen im Todesfall oder im Fall von Verletzungen in Ausübung des Dienstes;

Aufbau von wirtschaftlicher und finanzieller Nachhaltigkeit

13. Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit von Flughäfen während der Krise, um eine sichere und effiziente Erholung der Branche zu gewährleisten, wenn die Gelegenheit dazu gekommen ist;

14. Anerkennung der wichtigen Funktion von Flughäfen als wirtschaftliches und öffentliches Gut insbesondere in kleinen und abgelegenen Gemeinden, die für ihre wirtschaftliche und soziale Entwicklung auf Flughäfen angewiesen sind;

15. Reduzierung der Untervergabe und Auslagerung von Flughafendiensten und -arbeitsplätzen und Beauftragung der Flughafenbehörden, das gesamte Flughafenpersonal direkt zu verwalten und/oder zu beschäftigten, wo dies zweckmäßig ist;

16. Einbeziehung der Gewerkschaften in Konsultationen über alle neuen technologischen Entwicklungen, die sich aus der Covid-19-Pandemie ergeben, und Gewährleistung eines gerechten Übergangs für Frauen;

17. Gewährleistung der Nachhaltigkeit staatlicher Konjunktur- und Hilfspakete für Flughafenarbeitgeber;

Zusammenarbeit zur Gewährleistung von Führungskompetenzen und Verantwortung

18. Einrichtung dreigliedriger, für alle Flughafenbereiche zuständiger Arbeitsschutzausschüsse, in denen junge und weibliche Beschäftigte vertreten sind, um zu gewährleisten, dass Arbeitsschutznormen und -maßnahmen von den Beschäftigten verstanden, überwacht, durchgesetzt und bewertet werden;

19. Abstimmung globaler Arbeitsschutznormen und -strategien für Flughäfen und Luftverkehrsunternehmen mit der ICAO in Zusammenarbeit mit dreigliedrigen, für alle Flughafenbereiche zuständigen Arbeitsschutzausschüssen, Fluggesellschaften und Gewerkschaften.

Diese Maßnahmen müssen für alle Flughafenbeschäftigten gelten, unabhängig von ihrem Aufgabengebiet, ihren Vertragsvereinbarungen und ihrem Beschäftigungsstatus, und müssen Geschlecht und Migrationsstatus berücksichtigen.

Regierungen und Arbeitgeber sollten ferner auf der Ebene der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) als dem geeigneten Forum für die Koordinierung einer internationalen Reaktion auf die Krise und die Vorbereitung der Branche auf die Erholung der Weltwirtschaft mit der ITF und Gewerkschaften zusammenarbeiten.
 

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