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Amin Shipping wieder am Werk – Heuerdiebstahl, gefälschte Papiere und Missbrauch an Bord der MV Onda

NACHRICHTEN 17 Feb 2021

Luis Alberto Veloso ist einer von vier Seeleuten, die auf der unter togolesischer Flagge fahrenden MV Onda festsitzen und seit einem Jahr keine Heuern erhalten haben. Das Schiff und seine Crew wurden im Hafen von Douala (Kamerun) von Amin Shipping, einer Reederei, die schon in der Vergangenheit Besatzungen nicht bezahlt hat, zurückgelassen.

“Ich arbeite seit dem 4. Dezember 2019 auf diesem Schiff,” sagt der Seemann in einem Video. “Nach einer Fahrt nach Niger hatten wir noch das Glück, dass uns eine Monatsheuer ausgezahlt wurde. Seitdem haben wir keine Heuern mehr erhalten.”

Der Schiffseigner Mohamed Amin von der Amin Shipping Company behauptet, die Crew zu bezahlen.

Vier der sieben Besatzungsmitglieder erklären, dass ihre Unterschriften auf den Heuerbelegen gefälscht seien. Darüber hinaus werfen sie dem Ersten Offizier Missbrauch vor.

“Wir waren rassistischen Äußerungen ausgesetzt - ‘f’g black people’,” sagt ein afrikanischer Seemann und zeigt Fotos von den schriftlichen Beleidigungen des Offiziers.

Die Crew an Bord der MV Onda war gezwungen, Fisch auf Holzfeuern zu kochen und Regenwasser zu sammeln, um zu überleben | Bildquelle: ITF

“Der Reeder hat nicht die geringste Absicht, unsere Heuern zu zahlen,” schrieb er und fügte hinzu, dass er nicht in der Lage war, seine Miete zu Hause zu bezahlen. “Wir sind müde. Wir haben nicht einmal Guthaben für Telefonanrufe.”

Im September letzten Jahres bat die Besatzung die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) um Hilfe. Aber die gesamte Korrespondenz der letzten vier Monate mit dem Schiffseigner hat sich als vergeblich erwiesen.

Gewerkschaftsvertreter*innen gingen an Bord des Schiffes und bestätigten Verstöße gegen das Seearbeitsübereinkommen. Die Seeleute kochten Fisch auf Holzfeuern und sammelten Regenwasser, um zu überleben. Die ITF musste schon zweimal eingreifen und die Besatzung mit dem Nötigsten versorgen.

Die Vorräte an Bord der MV Onda werden knapp. Die ITF musste schon zweimal eingreifen und die Besatzung mit dem Nötigsten versorgen | Bildquelle: ITF

“Der Eigner bringt ständig alle möglichen Ausreden vor, und der Flaggenstaat kommt seiner Verantwortung nicht nach,” erklärt der Koordinator des ITF-Inspektorats Steve Trowsdale. “Er führt uns nur an der Nase herum.”

In einem Schreiben erklärte Amin, er könne aufgrund der Wirtschaftskrise und Covid-19 kein Geld aus dem Libanon überweisen. Er sei nach Kamerun geflogen, um die Besatzung zu bezahlen.

“Unsere Leute hier wissen, dass wir das Schiff mit Nahrung und Treibstoff versorgen,” schrieb Amin im Januar in kryptischem Englisch an die ITF und weist jeglichen Vorwurf des Lohndiebstahls oder Betrugs von sich.

“Vorgestern der Crew etwas Bargeld ausgezahlt, wie auch schon die letzten 10 Tage,” fügte er in einer E-Mail an die ITF hinzu.“Schätze also, Sie müssen Ihre Informationen auf den neuesten Stand bringen.”

Trowsdale ist besorgt, dass Amin für Schiffsreparaturen bezahlt, und vermutet, dass der Eigner versucht, das Schiff zu reparieren, um es bewegen oder verkaufen zu können.

Veloso und die anderen Seeleute an Bord der MV Onda wollen vom Schiff gehen. Drei von ihnen leben vor Ort, aber sie wissen, dass ihre Chancen, ihre ausstehenden Heuern zu bekommen, gleich Null sind, wenn sie erst einmal von Bord gegangen sind und das Schiff ausläuft. Amin hat den vier Seeleuten lediglich rund 1600 Dollar in bar ausgezahlt, aber es stehen noch weitere Heuern aus.

In einem Schreiben an den Schiffseigner verlangte das Flaggenregister von Togo Nachweise für die Auszahlung von Heuern und die Versorgung der Crew mit Vorräten. Die Registerbehörde legt den Eignern die Fälschung der Versicherung und der Klassifizierung des Schiffes zur Last. Die ITF meldete indessen die Zurücklassung der Besatzung bei der Internationalen Arbeitsorganisation. Aber der Flaggenstaat hat sein Versprechen vom 25. September, das Schiff vorübergehend oder endgültig aus seinem Register zu streichen, noch nicht eingelöst.

Trowsdale zufolge macht das togolesische Register nicht seine Arbeit.

“Dieses Schiff ist in den letzten Jahren ohne Versicherung und Klassifizierung gefahren. Warum haben sie nichts dagegen unternommen und nichts getan, um den Seeleuten an Bord zu helfen,” fragt Trowsdale.

Trowsdale sagt, dass erst die ITF auf den Plan treten musste, um die gefälschten Papiere der MV Onda ans Licht zu bringen. In den Schiffspapieren ist Al-Bahrain Insurance im Libanon als P&I-Versicherer aufgeführt, aber das Unternehmen bestätigte, seit 2016 keine Versicherung mehr für das Schiff abgeschlossen zu haben. Die Schiffspapiere, in denen das International Naval Surveys Bureau als Klassifizierungsfirma angegeben ist, hielten einer Überprüfung ebenfalls nicht stand.

Die Besatzung der MV Onda musste auf dem rostigen Deck des Schiffes Regenwasser sammeln, um zu überleben Bildquelle: ITF

Amin behauptet, an Bord befänden sich keine Seeleute, sondern nur Wachleute, die keine Zertifizierung oder Seefahrtbücher hätten. Die Überprüfung der ITF ergab jedoch, dass die vier Besatzungsmitglieder tatsächlich ausgebildete Seeleute sind.

Der vorliegende Fall von Ausbeutung ist nicht das erste Mal, dass auf der MV Onda beschäftigte Seeleute den Reeder wegen Missbrauchs der Besatzung anzeigen mussten. Im Dezember 2018 erklärten indische Besatzungsmitglieder an Bord der Onda, keine Heuern oder Verpflegung zu erhalten. Einer der Seeleute, Mohammed Jubeen Khan, sagte den Medien, Amin enthalte ihnen seit 18 Monate die Heuern vor. Wie Veloso waren auch die Kollegen von Khan genötigt, Regenwasser zum Überleben zu sammeln. Als sie sich weigerten, das Schiff ohne Bezahlung zu verlassen, drohte ihnen Amin mit Gefängnis.

Wieder einmal ist eine Crew an Bord der MV Onda entschlossen, sich gegen Amin Shipping zur Wehr zu setzen.

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