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Globale Verkehrsgewerkschaften warnen Regierungen: Mit ihrer Ablehnung der Aufhebung von Impfstoff-Patenten verlängern Großbritannien, Deutschland, die Schweiz und die EU die Misere in der Lieferkette

NACHRICHTEN 15 Oct 2021
  • Über 375 Gewerkschaften, die über 12 Millionen Verkehrsbeschäftigte aus 118 Ländern der Welt vertreten, wenden sich mit einem Schreiben an Regierungschefs
  • Das Schreiben wird am ersten Tag der Sitzung des TRIPS-Rates der WTO in Genf (Schweiz) übermittelt
  • Stephen Cotton, ITF-Generalsekretär, erklärte: "Diese Politiker scheinen wild entschlossen zu sein, ihren eigenen Ländern sozioökonomischen Schaden zuzufügen, um die Taschen der Milliardäre von Pfizer, Moderna und BioNTech weiter zu füllen." 

London, Berlin, Bern, Brüssel, 14. Oktober 2021. Hunderte von Gewerkschaften, die über 12 Millionen Verkehrsbeschäftigte aus 118 Ländern der Welt vertreten, haben sich in einem offenen Brief an die Regierungen gewandt, die gegen die Aufhebung der Beschränkungen durch geistige Eigentumsrechte für Covid-Impfstoffe sind, und werfen ihnen vor, Lieferkettenkrisen zu verschärfen und "wirtschaftliche Selbstbeschädigung" zu betreiben.

376 Gewerkschaften, darunter Unite the Union, ver.di und kapers, forderten in einem Schreiben an die Regierungschefs von Großbritannien, Deutschland und der Schweiz sowie die EU-Kommission, dass sie ihren Widerstand gegen eine der WTO vorgeschlagene befristete Ausnahmeregelung für geistige Eigentumsrechte an Covid-Impfstoffen, -Behandlungen und -Diagnoseverfahren, die so genannte TRIPS-Ausnahmeregelung, aufgeben.

Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) übermittelte das Schreiben an die Regierungschefs vor dem zweiten Tag der Sitzung des TRIPS-Rates der WTO in Genf.

In dem Schreiben wird ausgeführt, dass eine Ausnahmeregelung unerlässlich ist, um die weltweite Umsetzung von Impfprogrammen zu beschleunigen, ohne die laut IWF in den nächsten fünf Jahren das globale BIP um weitere 5,3 Billionen Dollar sinken könnte.

Zuvor hatte IWF-Chefin Kristalina Georgieva erklärt, dass das größte Hindernis für eine vollständige wirtschaftliche Erholung die "große Kluft bei der Impfung" sei, und Prof. Sarah Gilbert, die Entwicklerin des Oxford-Impfstoffs, hatte davor gewarnt, dass das Versäumnis, ärmeren Ländern den Zugang zu Impfstoffen zu ermöglichen, das Risiko der Entstehung gefährlicher neuer Varianten erhöhe, und der Schwerpunkt darauf liegen müsse, so viele Menschen wie möglich und so schnell wie möglich zu impfen. Bis heute haben weniger als drei Prozent der Menschen in einkommensschwachen Ländern eine einzige Dosis erhalten.

Dazu ITF-Generalsekretär Stephen Cotton: "Es ist schizophren, dass diese drei Länder und die EU den allgemeinen Zugang zu Impfstoffen und lebensrettenden Technologien blockieren und gleichzeitig behaupten, die Lieferkettenkrise zu lösen."

"Diese Politiker scheinen wild entschlossen zu sein, ihren eigenen Ländern sozioökonomischen Schaden zuzufügen, um die Taschen der Milliardäre von Pfizer, Moderna und BioNTech weiter zu füllen. Es ist kompletter Wahnsinn, diese Regierungschefs nehmen in Kauf, den Aufschwung der restlichen Welt zu verhindern. Sie müssen dem guten Beispiel der USA folgen, die die außergewöhnlichen Umstände anerkennen, Big Pharma die Stirn bieten und die Ausnahmeregelung unterstützen."

Die Verkehrsbranche warnt die Staats- und Regierungschefs der Welt, dass das globale Verkehrssystem unmittelbar vom Zusammenbruch bedroht ist, wenn die Regierungen keine koordinierten Maßnahmen ergreifen, um die globale humanitäre Krise und die 'globale humanitäre Lieferkettenkrise' zu beenden. Führende Vertreter*innen von IATA, ICS, IRU und ITF forderten "dringende Führungsinitiativen zur Erhöhung des weltweiten Impfstoffangebots mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln, um die Erholung unserer Industrien zu beschleunigen".

Großbritannien hat sich noch immer nicht von den Auswirkungen eines landesweiten Kraftstoffengpasses erholt, der durch einen Mangel an Lkw-Fahrpersonal verursacht wurde. Zwei Jahre lang haben inkonsequente und unmenschliche Reisebeschränkungen Seeleute daran gehindert, auf Schiffe zu gehen oder sie zu verlassen, was den Druck auf die ohnehin schon angeschlagenen globalen Lieferketten noch weiter erhöht hat. Und in den Wochen nach der Ausbreitung der Delta-Variante in Großbritannien waren die Fluggesellschaften gezwungen, aufgrund neuer Reisebeschränkungen mehr als 70 Prozent ihrer geplanten Flugkapazitäten zwischen Großbritannien und Deutschland zu streichen.

Cotton fügte hinzu: "Während dieser gesamten Pandemie haben Verkehrsbeschäftigte Menschen nach Hause gebracht, systemrelevante Arbeitskräfte zur Arbeit befördert und wichtige Versorgungsketten in Gang gehalten. Doch der ungleiche Zugang zu Impfstoffen und Behandlungen weltweit ist eine existenzielle Bedrohung für die persönliche Sicherheit der Verkehrsbeschäftigten, aber auch für die Belastbarkeit der Lieferketten und die Wiederbelebung der Weltwirtschaft."

"Jeder Tag des Aufschubs bedeutet mehr Todesopfer, mehr verlorene Leben und mehr Rückschläge für die Erholung unserer Industrien und Volkswirtschaften. Ihr habt keine Entschuldigungen mehr. Ihr müsst die TRIPS-Ausnahmeregelung unverzüglich verabschieden. Unser Leben und unsere Existenzgrundlagen hängen davon ab." 

Für weitere Informationen stehen zur Verfügung:

Freddie da Costa – f.dacosta@woodrowcommunications.com / (+447862) 001 771Duncan Bray – d.bray@woodrowcommunications.com / (+447972) 224 445

Hinweis für Redaktionen

Der TRIPS-Rat der WTO tagt am 13. und 14. Oktober 2021.

Für eine TRIPS-Ausnahmeregelung wäre ein einstimmiges Mandat aller WTO-Mitgliedstaaten erforderlich. Von den 164 Mitgliedern sind Großbritannien, die Schweiz, Deutschland und die EU aktiv dagegen. Die Europäische Kommission hat sich vor kurzem entgegen der Forderung des EU-Parlaments gegen die TRIPS-Ausnahmeregelung ausgesprochen.

Die Gewerkschaften kündigten auch eine Petition an, um die Regierungen Großbritanniens, der Schweiz und Deutschlands sowie die Europäische Kommission dazu zu bewegen, ihren Widerstand gegen die TRIPS-Ausnahmeregelung aufzugeben.

Die ITF

Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF) ist ein demokratischer, von Mitgliedern geführter Zusammenschluss und als die weltweit führende Institution mit Zuständigkeit für den Verkehrssektor anerkannt. Wir kämpfen engagiert für die Verbesserung des Arbeitslebens und vernetzen Gewerkschaften aus 140 Ländern miteinander, um Rechte, Gleichheit und Gerechtigkeit für ihre Mitglieder zu sichern. Wir sind Sprachrohr für knapp 20 Millionen erwerbstätige Frauen und Männer im Verkehrssektor weltweit.

 

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