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ITF beunruhigt über die Verhaftung von Crewmitgliedern nach der Havarie der 'Wakashio'

NACHRICHTEN Presseerklärung 24 Aug 2020

Die Internationale Transportarbeiter-Föderation (ITF), die 1,4 Millionen Seeleute vertritt, äußerte heute zunehmende Sorge über die Situation im Zusammenhang mit der Havarie der Wakashio und das Wohlergehen ihrer Besatzung.

Das einer japanischen Reederei gehörende Schiff lief in der vergangenen Woche vor der Küste von Mauritius auf Grund und begann auseinanderzubrechen, sodass der intakten Meeresumwelt nun eine Ölpest droht.

Der Vorsitzende der ITF-Seeleutesektion David Heindel wandte sich dagegen, dass Behörden und Öffentlichkeit vorschnell der Besatzung die Schuld in die Schuhe schieben. Stattdessen müsse eine ordentliche Untersuchung durchgeführt werden, um umfassenden Aufschluss über die ursächlichen Faktoren zu gewinnen, unter anderem hinsichtlich der Behauptungen, dass es auf dem Schiff Besatzungsmitglieder gegeben habe, die die gesetzlich zulässige Dienstzeit an Bord überschritten hätten.

"Es ist beunruhigend, schon vor der Vorlage des Ergebnisses der Untersuchung in der Presse Behauptungen zu lesen, wonach die Besatzung der Wakashio für das Unglück verantwortlich sei."

"Wir sind sehr besorgt über die Verhaftung von Sunil Kumar Nandeshwar, dem Kapitän der Wakashio, durch die mauritischen Behörden. In den letzten Tagen war außerdem die Rede von einer möglichen Verhaftung des Ersten Offiziers."

"Wie die gesamte Weltgemeinschaft machen wir uns Sorgen über die Meeresumwelt von Mauritius und das fragile Ökosystem der Insel, das nun durch das auslaufende Öl bedroht ist. Aber die Wut über diese Tragödie sollte sich eher gegen die Faktoren richten, die solche Vorfälle verursachen, statt gegen die Menschen, die zum Zeitpunkt des Unglücks zufällig die Verantwortung trugen."

"Dem Vernehmen nach wurden die meisten Besatzungsmitglieder der Wakashio über ihre normale Vertragsdauer hinaus an Bord festgehalten. Es wäre zu früh, über die Ergebnisse der laufenden Ermittlungen zu spekulieren. Dennoch ist es angebracht, daran zu erinnern, dass wir während der aktuellen Crewwechsel-Krise vor der Gefahr für Menschenleben, Sachwerte oder die Umwelt gewarnt haben, die von der zunehmenden Übermüdung und Erschöpfung der Beschäftigten im weltweiten Schifffahrtssektor ausgeht."

"Die Reise- und Transitbeschränkungen, die von Regierungen in aller Welt verhängt wurden, um die Ausbreitung von Covid-19 zu bekämpfen, haben es Seeleuten schwer, und manchmal gar unmöglich gemacht, ihre Schiffe zu verlassen und von einer neuen Besatzung abgelöst zu werden."

"Wir finden es irritierend, dass viele der Regierungen, die nun vorschnell unsere Branche für diesen Vorfall verurteilen, genau dieselben sind, die die Augen vor der humanitären Katastrophe verschließen, die dieses Unglück möglicherweise überhaupt erst verursacht hat."

"Regierungen können nicht beides haben: Wenn sie besorgt sind über die Unglücke, deren mögliche Ursache übermüdete und erschöpfte Besatzungen sind, müssen sie sich auch darum kümmern, diese Seeleute von Bord zu bekommen und von einer neuen Crew ablösen zu lassen."

"Die ITF, die uns angeschlossenen Seeleutegewerkschaften und die Arbeitgeber des Sektors arbeiten seit Februar mit Hochdruck daran, Regierungen über diese eskalierende Krise aufzuklären."

"Interessengruppen im maritimen Sektor, die UN-Sonderorganisationen und die Vereinten Nationen selbst haben die Weltgemeinschaft vor den Risiken gewarnt, denen Schiffe ausgesetzt sind, deren Seetüchtigkeitsatteste verlängert werden und deren erschöpfte Besatzungen nicht abgelöst werden können. Es wurden detaillierte Protokolle für die sichere und gefahrlose Durchführung von Crewwechseln erarbeitet, aber bis heute sind nur eine Handvoll Länder mit gutem Beispiel vorangegangen und lassen die sichere Durchquerung ihres Hoheitsgebietes zur Ermöglichung von Crewwechseln zu."

Die meisten Regierungen der Welt haben Hunderttausende von Seeleuten monatelang an Bord ihrer Schiffe im Stich gelassen und verwehrten ihnen, nach Beendigung ihrer Heuerverträge nach Hause zurückzukehren, obwohl die Unternehmen, bei denen sie beschäftigt sind, anboten, sehr teure Charterflüge für ihre Heimschaffung zu organisieren. Die Republik Mauritius ist eine solches Land, das selbst Flugzeugen, die eigene Staatsbürger*innen zurückbrachten, die Landung untersagte. Wann werden sie dafür zur Verantwortung gezogen?"

"Viel zu viele Regierungen haben das Problem schleifen lassen, versucht, die Schuld auf andere abzuschieben, und aktiv Versuche von Branchenakteuren vereitelt, Seeleute zu und von den Schiffen zu bringen."

"Die Tragödie der Wakashio, ihrer Besatzung und der Bevölkerung von Mauritius ist für uns alle ein warnendes Exempel dafür, was geschehen kann, wenn von müden und erschöpften Menschen erwartet wird, für unbeschränkte Zeit zu arbeiten. Es ist nicht zu verantworten und inakzeptabel, dass Seeleute auf Kosten ihrer physischen und psychischen Gesundheit weiterarbeiten müssen: Es wird zwangsläufig zu Fehlern kommen. Unglücke wie dieses werden sich wiederholen!"

"Es ist höchste Zeit, dass Nationen, die vom Seehandel abhängen, die ihre Meeresumwelt wertschätzen, die zynischerweise Vorteile aus dem Status eines Flaggenstaates ziehen, aber keinerlei Führungsstärke zeigen, wenn es darauf ankommt, endlich Verantwortung übernehmen. Tut etwas! Oder auch an euren Händen werden Öl und Blut kleben," mahnte David Heindel.

VOR ORT