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Covid-19: Globale Forderungen der ITF an Regierungen und Arbeitgeber

NACHRICHTEN 24 Mar 2020

Covid-19 stellt die Welt vor eine nie dagewesene kollektive Herausforderung. Rund um den Globus müssen Beschäftigte, Arbeitgeber und Regierungen zusammenarbeiten, um den entstandenen Schaden zu begrenzen.

Verkehrsbeschäftigte sind der Lebensnerv der Weltwirtschaft, die Lieferketten miteinander verbinden und die Welt in Bewegung halten, und spielen eine entscheidende Rolle für die erfolgreiche Reaktion auf die Herausforderung durch Covid-19.

Heute mehr denn je gewährleisten Verkehrsbeschäftigte, dass lebensnotwendige Güter diejenigen erreichen, die sie benötigen, ob Seeleute, Hafenbeschäftigte, Lkw-Fahrpersonal, Lagerbeschäftigte oder das Fahrpersonal bei Lieferdiensten. Flugbegleiter*innen, Pilot*innen und andere Luftverkehrsbeschäftigte werden weiter Reisende in ihre Heimatländer zurückfliegen. Und die Beschäftigten im öffentlichen Verkehr stellen sicher, dass Menschen, wo notwendig, zu ihren Arbeitsplätzen gelangen oder zur Behandlung in Krankenhäuser gebracht werden.

Die ITF ist der Auffassung, dass die bestehenden internationalen Arbeitsnormen und der Schutz von Arbeitsrechten unerlässlich für den Erfolg unserer Anstrengungen zur Eindämmung von Covid-19 sind.

Wir alle haben eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Mitmenschen, wenn auch nicht alle gleichermaßen dazu in der Lage sind, Veränderungen zu bewirken, sodass manche eine größere Last tragen als andere. Regierungen haben die größte Verantwortung – aber auch die Arbeitgeber.

Im Einklang mit der Erklärung des Global-Unions-Rats (GUR) vom 12. März fordert die ITF sofortige Maßnahmen in fünf zentralen Bereichen:

  1. Schutz der Beschäftigten als zentrales Element der Reaktion auf Covid-19
  2. Gesundheit und Sicherheit als oberstes Gebot
  3. Entgeltfortzahlung für alle Beschäftigten
  4. Konjunkturpakete der Regierungen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft
  5. Erhalt nachhaltiger Lieferketten

Verkehrsgewerkschaften werden in aller Welt ihren Beitrag zur Verbindung der globalen Lieferketten und Aufrechterhaltung der Mobilität leisten. Die ITF ruft Regierungen und Arbeitgeber in jedem dieser Bereiche zum Handeln auf.
 

1.    Schutz der Beschäftigten als zentrales Element der Reaktion auf Covid-19

Lieferketten sind für den weltweiten Verkehr von Waren, wie Medikamente, Lebensmittel, Ausrüstungsgegenstände und Versorgungsgüter, die für die Bewältigung der Covid-19-Pandemie gebraucht werden, unerlässlich. Verkehrsbeschäftigte sollten als Arbeitnehmer*innen anerkannt werden, die bei der Bekämpfung von Covid-19 einen lebenswichtigen Dienst erbringen.

Zentrale Maßnahmen:

  • Verkehrsbeschäftigte in allen Sektoren sollten als unverzichtbar für die erfolgreiche Bekämpfung von Covid-19 während der Pandemie und die Stabilisierung der Lieferketten in der Zeit danach angesehen werden.
  • Verkehrsbeschäftigte und andere wichtige Arbeitnehmer*innen, die außerhalb von Zuhause in Kontakt mit Menschen arbeiten müssen, sollten verbesserten Einkommensschutz genießen und garantierte Entschädigungsleistungen für ihre Familienangehörigen für den Fall erhalten, dass sie infolge einer Covid-19-Infektion sterben oder schwer erkranken.
  • Als Bestandteil der Erfüllung von Kernarbeitsnormen sollten Beschäftigte in allen Branchen, einschließlich derer, die einen lebenswichtigen Dienst im Kampf gegen Covid-19 erbringen, sich regelmäßig kostenlos auf den Virus testen lassen können.


2.    Gesundheit und Sicherheit als oberstes Gebot

Regierungen und Arbeitgeber müssen in Zusammenarbeit mit Gewerkschaften Gefahren für die Rechte und das Wohl von Beschäftigten ermitteln. Sie sollten Pläne entwickeln und Maßnahmen ergreifen, um die Ausbreitung von Covid-19 zu stoppen.

Zentrale Maßnahmen:

  • Die Mitsprache von Arbeitnehmer*innen als das Grundprinzip der Arbeits- und Gesundheitsschutz-Managementsysteme im Zusammenhang mit Covid-19 anerkennen. Internationale Recherchen belegen, dass dies der beste Weg zur Gewährleistung der Sicherheit ist. Beschäftigtenvertreter*innen müssen bei der Gestaltung und Überprüfung von Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen eine gleichberechtigte Rolle spielen.
  • In Zusammenarbeit mit Gewerkschaften sowohl die neuen Belastungen, denen Beschäftigte infolge von Covid-19 ausgesetzt sind, als auch die notwendigen Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen dieser Belastungen (z. B. Arbeitszeitverkürzungen, Verlängerung von Ruhezeiten ohne Lohnverlust, Beratung usw.) ermitteln.
  • Covid-19-Inspektorate einrichten, die noch arbeitende Dienstleistungsbetriebe aufsuchen und prüfen, ob dort die richtigen Methoden zur Reduzierung der Virusexposition von Beschäftigten und der weiteren Ausbreitung des Virus angewendet werden.

Zusätzliche Maßnahmen:

  • In Zusammenarbeit mit Gewerkschaften und Beschäftigten den Risikograd aller Betriebsbereiche und Tätigkeiten identifizieren.
  • Kostenlose Tests für Beschäftigte in Diensten anbieten, die für die erfolgreiche Bekämpfung der Pandemie unverzichtbar sind (einschließlich Verkehrs-, Liefer- und Logistikdiensten).  
  • Ermitteln, welche persönliche Schutzausrüstung und Versorgungsgüter für den bestmöglichen Schutz von Beschäftigten in Risikobereichen/-tätigkeiten benötigt werden, und diese bereitstellen.
  • Niedriglohnempfänger*innen, z. B. Werkvertragsbeschäftigte und Wanderarbeitnehmer*innen sowie Frauen und gesundheitsbeeinträchtigte Arbeitskräfte, besonders berücksichtigen. Diese Beschäftigten unterliegen einem höheren Ansteckungsrisiko, da Armut und schlechte Gesundheit die Immunität verringern. Armut steht auch im Zusammenhang mit beengten und gesundheitsschädlichen Wohnverhältnissen.
  • Die persönlichen und medizinischen Daten der Beschäftigten müssen geschützt werden, insbesondere die von Wanderarbeitnehmer*innen. Der Austausch von Daten sollte bedarfsorientiert und möglichst anonymisiert erfolgen.

 
3.    Entgeltfortzahlung für alle Beschäftigten

Das Einkommen von Beschäftigten und ihrer Familien trägt zur Stabilisierung der Weltwirtschaft bei. Einkommenshilfen für alle Arbeitnehmer*innen, einschließlich Teilzeitbeschäftigten, Arbeitsmigrant*innen, gebietsfremden Arbeitskräften, prekär Beschäftigten sowie Beschäftigten in der Gig-Economy und im informellen Sektor, sind essenziell, um die Kosten für Wohnen, Strom, Lebensmittel und weitere lebenswichtige Güter zu decken.

Zentrale Maßnahmen:

  • Die Einkommen aller Beschäftigten, die infolge von Covid-19 entlassen wurden oder ihre Tätigkeit anderweitig einstellen mussten, sollten durch Kollektivverhandlungen (z. B. Dänemark) oder staatliche Zahlungen (z. B. Neuseeland) geschützt werden.
  • Alle Beschäftigten in atypischen, prekären Beschäftigungsverhältnissen sollten ein Entgelt über der oder in Höhe ihres Durchschnittseinkommens der letzten zwölf Monate erhalten, um keine Reallohnverluste zu erleiden.
  • In all unseren Gesellschaften tragen Frauen die Hauptlast der Pflege unserer Mitmenschen. Diese zusätzliche Belastung weiblicher Beschäftigter muss durch ergänzende Maßnahmen zum Schutz ihrer Einkommen und Arbeitsplätze kompensiert werden.
  • Covid-19-infizierte Beschäftigte müssen ab dem ersten Tag Anspruch auf bezahlten Krankheitsurlaub haben. Beschäftigte in atypischen, prekären Beschäftigungsverhältnissen sollten ein Entgelt über der oder in Höhe ihres Durchschnittseinkommens der letzten zwölf Monate erhalten.

 
4.    Konjunkturpakete der Regierungen zur Aufrechterhaltung der Wirtschaft

Regierungen sollten Geld für den Schutz von Arbeitsplätzen und der Wirtschaft ausgeben, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, und so die Löhne und das Wohl der Beschäftigten schützen.

Zentrale Maßnahmen:

  • Bei allen staatlichen Finanzmaßnahmen müssen Menschen vor Profite gestellt werden. Bei allen Hilfspaketen für Unternehmen muss dem Wohl und den Einkommen der Beschäftigten oberste Priorität gelten. Regierungen sollten, wo erforderlich, wichtige Verkehrsunternehmen verstaatlichen.
  • In Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften Möglichkeiten eruieren, um temporär nicht beschäftigte Arbeitskräfte während der Krise für wichtige Dienste abzustellen.
  • Schnellen Wissens- und Technologietransfer zur Eindämmung von Covid-19 sicherstellen. Internationale Gegenmaßnahmen sollten von kooperativem Miteinander und Teamgeist geleitet sein, nicht von Profitgier.
  • Geistiges Eigentum, Handelsvorschriften und -sanktionen dürfen den Transfer von Behandlungs- und Eindämmungsmaßnahmen nicht behindern.  
  • Um sicherzustellen, dass arme Länder ihre Aufmerksamkeit und Ausgaben auf lebensnotwendige Vorkehrungen – wie Eindämmungsmaßnahmen, Gesundheitsleistungen und Warenverkehr – konzentrieren können, müssen ihnen bestehenden Schulden erlassen werden. Diese Krise darf nicht dazu dienen, weitere Schulden zu schaffen.

Zusätzliche Maßnahmen:

  • Multilaterale Institutionen müssen dafür sorgen, dass alle Länder über die erforderlichen Ressourcen zur Eindämmung des Covid-19-Virus verfügen.
  • Kenntnisse und Qualifikationen ermitteln, die in der Wirtschaft in der Zeit nach Covid-19 benötigt werden, und Fortbildungsmaßnahmen für Beschäftigte ins Leben rufen, die derzeit nicht arbeiten können.

 
5.    Erhalt nachhaltiger Lieferketten

Alle Arbeitgeber haben eine Fürsorgepflicht gegenüber den Beschäftigten in ihren Lieferketten, insbesondere gegenüber wirtschaftlich abhängigen Selbständigen oder den Mitarbeiter*innen abhängiger Vertragsunternehmen. Es ist belegt, dass in den heutigen Lieferketten Sicherheits- und Gesundheitsprobleme an der Tagesordnung sind. Wenn nichts unternommen wird, um entlang der gesamten Lieferkette einheitliche Gesundheits- und Sicherheitsmaßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 zu gewährleisten, kann die Sicherheit der gesamten Kette nicht gewährleistet werden.

Zentrale Maßnahmen:

  • Es muss vertraglich sichergestellt werden, dass jeder Arbeitgeber in der Lieferkette Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Covid-19 und weiteren Sicherheitsrisiken ergreift. Nur so können Arbeitgeber ihre Fürsorgepflicht erfüllen.
  • In jedem Abschnitt der Lieferkette müssen die zuständigen Arbeitgeber bestehende Arbeitsnormen einhalten.
  • Innerhalb und zwischen den Unternehmen der Lieferkette müssen auf Arbeitnehmermitbestimmung basierende Arbeits- und Gesundheitsschutz-Managementsysteme umgesetzt werden.

Zusätzliche Maßnahmen:

  • Kleinen Auftragnehmer*innen in Liefernetzen (z. B. Kurierfahrer*innen) sollten notwendige Fortbildungen angeboten und persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden.
  • Arbeitgeber sollten gemeinsam mit Gewerkschaften den Risikograd der Lebensbedingungen ihrer direkt beschäftigten Arbeitskräfte beurteilen. Sollte dieser als hoch eingestuft werden (beengte, unhygienische Bedingungen), sollten Arbeitgeber dabei helfen, vorübergehende Unterkünfte zu beschaffen, die den WHO-Leitlinien für Gesundheitsversorgung entsprechen.
  • Arbeitgeber sollten Informationen über die Verfahren weitergeben, die sie mit anderen Unternehmen oder selbständig Beschäftigten (wie Kurierfahrer*innen) in ihrer Lieferkette umsetzen.
  • Arbeitgeber sollten in Abstimmung mit Gewerkschaften dafür sorgen, dass Beschäftigte, bei denen dies möglich ist, ihre Tätigkeit von zuhause aus ausüben können, und ihnen die erforderliche Ausrüstung zur Verfügung stellen.
  • Arbeitgeber sollten prüfen, ob Auftragnehmer*innen, Vertragsunternehmen und andere Akteure in ihrer Lieferkette diese Leitlinien befolgen.

 

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